Die Geschichte der Hexenverfolgungen

HexendarstellungSie reiten auf Besen, treffen sich beim Hexentanz, schließen einen Pakt mit dem Teufel und können mit ihrer Zauberkraft allerlei Schäden anrichten: Bis vor nicht allzu langer Zeit glaubten die Menschen, dass hexenähnliche Wesen existieren und der Bevölkerung schaden wollen. In der frühen Neuzeit begannen regelrechte Hetzjagden auf vermeintliche Hexen. Tausende von Menschen – vor allem Frauen – verloren dabei ihr Leben auf dem Scheiterhaufen.

Ein uralter Glaube

Der Glaube an Wesen, die wir heute als Hexen bezeichnen und die mit ihrem Zauber Schaden anrichten können, zieht sich weltübergreifend durch alle Kulturkreise und Zeiten hindurch. Schon in den antiken Hochkulturen Ägyptens, Babyloniens oder Assyriens war man von der Existenz sogenannter Zwischenwesen (Dämonen) überzeugt. Vermeintliche Zauberer werden auch zu dieser Zeit schon mit dem Tod bestraft, zu gezielten Verfolgungen kommt es aber nicht.

Auch im römischen Imperium glaubt die Mehrheit der Bevölkerung an Zauberei, allerdings wird nur ihr Missbrauch unter Strafe gestellt. Sogenannte Schadenszauberer werden seit dem 3. Jahrhundert nach Christus lebendig verbrannt, während wohltätige Zauberei ungestraft bleibt. Erst mit dem Erstarken der christlichen Religion im 4. Jahrhundert nach Christus wird auf jede Art der Zauberei die Todesstrafe verhängt. Erstaunlich dabei ist, dass die frühen Christen an die Wirksamkeit der Zauberei gar nicht glauben, den bloßen Versuch jedoch schon als teuflisch ansehen.

Pakt mit dem Teufel

Der große Kirchengelehrte Augustinus (354-430) setzt sich in seinen Schriften als erster ausführlich mit Magie und Zauberei auseinander. Seiner Ansicht nach sind magische Handlungen zwar prinzipiell wirkungslos, setzen aber einen stillschweigenden Pakt mit dem Teufel voraus. Eine Anleitung zur Bestrafung von Zauberern gibt er nicht.

Die Lehren des Augustinus beeinflussen im gesamten Früh- und Hochmittelalter (etwa 500-1250) maßgeblich den Umgang mit Zauberern und Hexen. Zwar kommt es zu vereinzelten Prozessen wegen Zauberei, die im schlimmsten Falle auch mit dem Tod enden können, doch von gezielten Verfolgungen kann man dabei nicht sprechen. Die Kirche wendet sich sogar ausdrücklich gegen Lynchjustiz, die von Teilen der Bevölkerung manchmal verübt werden.

Die Menschen glauben zwar an Magie, leben aber im Großen und Ganzen in friedlicher Koexistenz mit den vermeintlichen Zauberern. Verurteilungen gibt es nur sehr selten. Die Geschädigten sind in der Regel lediglich darauf erpicht, dass der Zauber wieder aufgehoben wird. Auch die Kirche hat in diesem Zeitraum kein besonderes Interesse an der Verfolgung und Bestrafung von Zauberern.

Im „Canon episcopi“, einer kirchenrechtlichen Vorschrift aus dem Jahre 906, werden Frauen beschrieben, die während ihrer nächtlichen, ekstatischen Flüge einen Pakt mit dem Teufel schließen. Aus Sicht der Kirche sind die Flüge jedoch lediglich Wahnvorstellungen der Frauen. Man hält sie für Leute, die einem irrtümlichen Glauben anhängen und deshalb mit Bußen belegt werden müssen. Im schlimmsten Fall bedeutet dies für die Frauen den Ausschluss aus der Gemeinde, was einer sozialen Ächtung gleichkommt.

Wachsende Bedrohung

Ab dem 13. Jahrhundert wird von der Kirche ein deutlich schärferer Ton gegenüber vermeintlichen Hexen angeschlagen. Thomas von Aquin (circa 1225-1274), einer der bedeutendsten Kirchentheoretiker des Mittelalters, geht in seinen Schriften davon aus, dass Hexentaten mit Hilfe des Teufels tatsächlich ausgeführt werden können. Er gibt zudem detaillierte Beschreibungen der magischen Praktiken durch Hexen, zum Beispiel den Pakt mit dem Teufel, die Hexenluftfahrt, die Tierverwandlung oder das Wettermachen. In seinen Augen sind Hexen schadensbringende Weiber. Als renommierter Denker legt er damit den theoretischen Grundstein für die späteren massenhaften Hexenverbrennungen.

HexenverbrennungIn seinem Gefolge veröffentlichen zahlreiche kirchliche Gelehrte Traktate, die vermeintliche Hexensekten beschreiben und deren Verbrechen klassifizieren. Allmählich wandelt sich das Hexenbild: Angestachelt von Predigern und Autoren empfindet die Bevölkerung die Anwesenheit von Hexen als zunehmend bedrohlich. Eines der Kerngebiete ist die heutige Schweiz. Hier machen Anfang des 15. Jahrhunderts Inquisitoren vermeintliche neue Sekten aus, die stark vom jüdischen und vom Hexenglauben beeinflusst seien. In einem Prozess gegen solch ein Sektenmitglied taucht 1419 in der Schweizer Stadt Luzern auch zum ersten Mal das deutsche Wort „hexerye“ zur Bestimmung der Praktiken auf.

Rechtliche Grundlagen

Die katholische Kirche sieht sich zum Handeln gezwungen. Da scheinbar immer mehr Menschen der Magie verfallen, definiert sie auf dem Konzil in Basel (1431-1449) den Hexenglauben neu. Abhandlungen werden geschrieben, die nicht mehr von Einzelpersonen, sondern von einer großen Hexensekte ausgehen. Die Inquisitoren sollten die Augen offen halten und gegen diese Sekten vorgehen.

Die Bevölkerung nimmt schon kurze Zeit nach Veröffentlichung der Abhandlungen den Glauben an die Hexensekten an. In den Kirchen entstehen um 1450 zunehmend Malereien, die Hexenflüge darstellen. Es gibt erste gezielte Verfolgungen seitens aufgewiegelter Bauern, hauptsächlich in den Tälern der Schweizer Alpen.

Von der römischen Kurie ernannte Inquisitoren wandern in den Bistümern umher, um gezielt Hexenverfolgungen zu organisieren. Der berüchtigtste unter ihnen ist der Dominikaner Heinrich Kramer (circa 1430-1505): 1478 zum Inquisitor für ganz Oberdeutschland ernannt, lässt er innerhalb weniger Jahre zahlreiche Hexen zum Tode verurteilen. Da es sowohl in der Kirche als auch in der weltlichen Politik noch viele Gegner der Verfolgungen gibt, verfasst er 1484 ein Papier, das er den amtierenden Papst Innozenz VIII. (1432-1492) unterschreiben lässt. Mit der sogenannten „Hexenbulle“ des Papstes legalisiert die katholische Kirche zum ersten Mal die Hexenverfolgungen der Inquisitoren.

Trotz der „Hexenbulle“ hat Kramer 1485 bei einem von ihm initiierten Hexenprozess in Innsbruck keinen Erfolg. Der ortsansässige Bischof ist von der Rechtmäßigkeit nicht überzeugt, lässt den Prozess platzen und Kramer aus Tirol hinauswerfen. Dieses Scheitern veranlasst ihn zur Abfassung seines berühmten Buches „Hexenhammer“, in dem er detailliert die Verbrechen der Hexen beschreibt und Regeln für Prozesse gegen sie aufstellt. Schon bald nach seiner Veröffentlichung im Jahre 1487 findet das Buch großen Anklang in ganz Europa.

Die Hetzjagd beginnt

"Hexenhammer"Der „Hexenhammer“ trifft auf fruchtbaren Boden. Ende des 15. Jahrhunderts verschlechtern sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung dramatisch. Lange und harte Winter sind verantwortlich für drastische Ernteeinbußen, Epidemien breiten sich aus und raffen große Teile der Bevölkerung hin. Vor allem Hexen werden für die Übel verantwortlich gemacht. Schätzungen zufolge sterben in den ersten 30 Jahren nach Veröffentlichung des „Hexenhammers“ mehrere Tausend Menschen in ganz Europa auf dem Scheiterhaufen.

Um 1520 ebbt die erste Welle der Verfolgungen ab. Manche weltlichen Herrscher, die reformierten Gebiete in Deutschland sowie die spanische Inquisition lehnen die Hexenverbrennungen ab und stellen sie sogar unter Strafe.

Doch die Schonzeit für angebliche Hexen hält nicht lange an. Mitte des 16. Jahrhunderts verschlechtern sich die Lebensbedingungen erneut. Eine neue Kältewelle bricht über Europa herein. Lebensmittel werden so teuer, dass große Teile der Bevölkerung Hunger leiden müssen. Durch Predigten von Hexengegnern angestachelt, beginnen die Hexenjagden quer durch alle Konfessionen erneut. In vielen Ländern Europas erleben die Prozesse in den Jahren zwischen 1570 und 1590 ihren Höhepunkt.

Moralische und rechtliche Bedenken

Erst Ende des 17. Jahrhunderts stabilisieren sich die ökonomischen, klimatischen und politischen Verhältnisse. Die Verfolgungen werden für die herrschenden Eliten zunehmend zum Störfaktor. Im Zeitalter der Aufklärung wird wissenschaftlichen Erkenntnissen mehr Bedeutung zugemessen als Magie und Aberglaube.

Während des gesamten 18. Jahrhunderts sind Hexenprozesse eher eine Seltenheit. Nur in entlegenen Gebieten auf dem Land kommt es noch zu vereinzelten Hinrichtungen. Die Aufklärer gewinnen mit ihren Schriften gegen die Hexenverfolgungen langsam Oberhand über die konservativen Kleriker.

Als am 13. Juni 1782 in der Schweiz die letzte Hexe (Anna Göldi) hingerichtet wird, entfacht dies eine empörte öffentliche Debatte über die rechtlich zweifelhaften Grundlagen des Prozesses. Die Rechtsprechung wird fast überall reformiert, um 1800 sind alle Magiedelikte aus den Gesetzestexten verschwunden. Ein dunkles Kapitel der europäischen Geschichte findet sein Ende.

Schätzungsweise 50‘000 Menschen sind den Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit zum Opfer gefallen, davon etwa 80 Prozent Frauen.

Katzen im Mittelalter

Vom guten Hausgeist zum Symbol für den Teufel – mittelalterliche Quellen berichten über die wechselvolle Geschichte der Katze und ihre Dämonisierung durch die christliche Kirche.

Göttin Freya

Die Göttin Freya mit ihrem von Katzen gezogenen Wagen

Seit Beginn unserer Zeitrechnung hat sich die zuvor vermutlich in Asien und später in Ägypten domestizierte Katze in Europa verbreitet und kaum mit der einheimischen Wildkatze vermischt. Die Römer nannten das Tier zunächst felis, später etablierte sich der Name cattus für die Hauskatze, auf den die europäischen Bezeichnungen Katze, cat, chatte, gato etc. zurückgehen. Auch pilax («der Haarige»), musio und murilegus («Mäuse-Pflücker») wurde sie genannt, aber der Wortstamm cattus setzte sich schliesslich durch.

Allmählich sah man in der Katze nicht mehr die heidnische Gottheit, als die sie in Ägypten verehrt wurde, oder den Vogelfeind, für den die Römer sie hielten, sondern erkannte ihren Nutzen als Mäusejäger, der die Kornvorräte vor Nagern schützen konnte.

Das frühe Mittelalter: Katzen sind nützliche Gefährten

Im frühen Mittelalter waren die zahmen Katzen noch wenig verbreitet und wurden als Beschützer des Hauses durchaus geschätzt. Der Wagen der germanischen Göttin Freya soll von zwei Katzen gezogen worden sein. Im Alltag waren sie als zutrauliche Gefährten und Glücksbringer gern gesehen.

Seit dem 6. Jahrhundert finden Katzen in den Schriften von irischen Mönchen Erwähnung, denen sie in den Studierstuben angenehme Gesellschaft leisteten. Nicht nur in Heiligenlegenden tauchen sie auf, sondern auch in Bussbüchern und Gesetzestexten. Letztere bestimmten den Wert einer Katze und regelten die Verantwortlichkeiten ihres Besitzers. Aber auch von der Katze selbst erwartete man bestimmte Eigenschaften und Leistungen. Ihr Wert richtete sich hauptsächlich nach ihrer Tüchtigkeit beim Mäusefang und bei der Aufzucht der Jungen. Auch die Strafen, die ein Katzendieb zu erwarten hatte, waren im Gewohnheitsrecht genau festgelegt.

Neben der Freude an dem zutraulichen Hausgenossen stand zu jener Zeit immer der Nutzen im Vordergrund, den der Mensch aus dem lebenden und dem toten Tier zog. Katzenpelze waren geschätzt und wurden gehandelt. Auch in den Rezepturen der volkstümlichen Medizin haben Bestandteile des Katzenkörpers Eingang gefunden, vor allem zur Heilung von Gicht und Arthritis.

Der Verzehr von Katzenfleisch war wohl nicht üblich, doch während Hungersnöten wurden Katzen, und auch Mäuse, gegessen. Hildegard von Bingen, deutsche Benediktinerin, Mystikerin und Heilkundlerin, warnte im 12. Jahrhundert, dass das Fleisch der Katze wahnsinnig mache, während Ärzte es gelegentlich empfahlen.

Im Hoch- und Spätmittelalter: Dämonisierung der Katze durch die christliche Kirche

War die Katze bis ins 12. Jahrhundert ein guter, Nutzen bringender Hausgeist, so führte die immer kritischere christliche Sicht auf das Tier zu seiner Dämonisierung. Man war eifrig bestrebt, alle Reste des heidnischen Glaubens zu beseitigen und die als unchristlich erachteten Laster der sündigen Untertanen zu bekämpfen. So wird die Katze für die Kirche zur Verkörperung des Bösen und schliesslich zum Teufel in Person.

Vom 13. Jahrhundert bis zur Zeit der Reformation wird nachdrücklich vor der Schädlichkeit der Katze gewarnt. Zwar beschreiben die nun beliebten Naturenzyklopädien genau beobachtete Verhaltensweisen der Tiere, doch die Kirche deutet sie auf ihre Weise. Im Rahmen ihrer Tugend- und Lasterlehre vereinnahmt sie die Katze als Beispiel für unmoralisches menschliches Verhalten, vor dem die Untertanen in vielen Predigten immer wieder gewarnt werden – die Katze sei geradezu ein Ausbund an Lastern.

Die Katze als Symbol des Satans

Mord- und Beutegier wird ihr vorgeworfen, Lüsternheit und Unzucht, Hochmut, Falschheit und Putzsucht. Listig, heuchlerisch, streitsüchtig sei sie, zudem naschhaft und faul. Die natürlichen Verhaltensweisen, die man an den Katzen beobachtete – sie sind Beutejäger, ihr Paarungsverhalten ist von lautstarkem Geschrei begleitet, sie lassen sich nichts befehlen, sind schlau und geschickt, putzen sich ausgiebig und schlafen viel –, wurden als Merkmale ihres schlechten Charakters gedeutet.

So wurde die Katze zum Symbol für das Prinzip des Satans. Sie seien, predigte man, von Dämonen oder vom Teufel besessen. Der Teufel suche die Menschen, speziell die Frauen, in Gestalt von Katzen, vorzugsweise schwarzen, heim. Prediger verwiesen auf die Ähnlichkeit der Wörter Katze und Ketzer, und in der Folge assoziierte man sie mit der Hexerei und allen Traditionen und Praktiken, die nicht dem herrschenden christlichen Glauben entsprachen. Ketzer und Katzen wurden Opfer der Inquisition, in zahllosen Hexenprozessen gefoltert, zum Tod verurteilt und verbrannt.

Ein Glück, dass viele Katzen dieses Schicksal überlebt und sich fleissig vermehrt haben. Heute ist die Katze in der westlichen Welt ein äusserst beliebtes Haustier. Allein in der Schweiz werden rund 1,4 Millionen Büsi gehalten.