Hexentum

Hexentum

HexentumBeim Wort Hexentum denken die meisten als Erstes an Märchen, Hexenhaus, Brüder Grimm. Versucht man den Begriff in die heutige Zeit zu tragen, dann assoziiert man Begriffe wie Aberglaube, Esoterik und Okkultismus.

Gibt man den Begriff Hexe in den Internetsuchmaschinen ein, wird man mit einer schier unendlichen Menge und Vielfalt an Informationen versorgt. Schnell erfährt man, dass Hexen heute präsenter sind, als man denkt. Als moderne Heilerin arbeitet sie mit Edelsteinen und Kräutern, mit Liebestränken hilft sie bei der Partnersuche nach und den Alltag erleichtert sie uns mit dem notwendigen Wissen um Mondphasen.

Schaut man genau hin, stellt man fest: Die meisten Hexen sind es aus Überzeugung. Dennoch gilt es schon hier zu differenzieren. Hexe sein wird für verschiedene individuelle Zwecke genutzt.

Zur Lebenshaltung der echten Hexen gehörten allerdings die Hingabe, die Wertschätzung und die Achtsamkeit allem Leben gegenüber. Mit Feminismus, Geschlechterkampf oder Okkultismus hatten und haben wirkliche Hexen nichts zu tun.

Hexen von heute orientieren sich an einem modernen Hexentum des 21. Jahrhunderts. Zum einen ist das Wissen, das sie verbreiten zeitlos, zum anderen respektieren sie die Erkenntnisse der Vorfahren, ohne sich die alten Zeiten zurück zu wünschen.

Hexen sehen sich als Mitglied in der Gefolgschaft der Weisen. Hier gilt das Prinzip der Gleichheit. Es gibt keine Organisation und keine andere Form von Hierarchie, denn eine solche würde den Naturgesetzen wiedersprechen. Niemand besitzt mehr oder weniger Wert. Eines bedingt das andere nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Das Hexentum von heute beschreitet alte Pfade mit dem Wissen und den Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts, auch wenn uns diese okkult, esoterisch und oft schlichtweg unglaublich vorkommen.

HexenkreisNaturreligion ist ein religionswissenschaftlich nicht abgesicherter Begriff. Es ist ein Sammelbegriff für Religionen, in welchen die Verehrung der Natur im Mittelpunkt steht. Die Natur selbst ist für ihre Anhänger göttlich, nicht nur Ausdruck göttlicher Schöpfungskraft.

Die besonderen Festtage werden meist nach dem Lauf der Sonne und dem Stand von Mond und Sternen berechnet. Der Wechsel der Jahreszeiten wird besonders gefeiert und rituell gestaltet. In vielen neuzeitlichen Hexenbräuchen wird das Göttliche in Form einer Göttin oder Gott verehrt. Diese Sinnbilder sind mannigfaltig im Kreislauf der Natur zu finden, und fast alle früher heidnische Feste wurden ins Christentum integriert.

WaldhexeNaturreligionen haben eines gemeinsam: Sie versuchen die Verbindung zwischen der Natur und dem Menschen wiederherzustellen.

Hilfsmittel auf diesem Wege sind, neben den bereits erwähnten besondere Ritualen, aber auch Meditation, Trance und Intuition. Sofern bei den Ritualen bestimmte Kleidung getragen wird, dient dies nur dazu, sich für diesen Zweck auch im Äußeren vom Alltag zu lösen. Fälschlicherweise werden den Opfern, die während der Zeit der Hexenverbrennungen von Kirche und Obrigkeit umgebracht wurden, magische Eigenschaften zugesprochen, die diese in Form von praktizierter Naturreligion oder Ritualen angewandt haben sollen.

Mittlerweile weiß man, dass das nur in seltenen Fällen zutraf. Viele der modernen Hexen sehen sich in direkter Linie mit den damals verfolgten. Sie versuchen als Neu-Hexen an eine Tradition anzuknüpfen. Die Gründe dafür sind recht unterschiedlich. Da ist zum einen sicher eine Art Seelenverwandtschaft mit den damals Getöteten. Zum anderen kommt eine starke Sehnsucht nach spirituellen Inhalten hinzu, typisch für innerlich erlebte Werteverluste und ausgelöst durch den oft beschriebenen Wertewandel der heutigen Zeit.

Wer jedoch glaubt, das heutige Hexentum sei neumodischer Hokuspokus oder ein Produkt des sogenannten New Age, der irrt. Die Wurzeln liegen in der Vorzeit.

Die Hexensymbole wie Spirale oder die Beobachtung des Mondes sind uns schon von Höhlenmalereien bekannt. Durch die Sesshaftwerdung der Menschen haben sich die Tätigkeiten der Hexen oft auf weibliche Mitglieder eines Stammes konzentriert. Sie übernahmen die Seelsorge, die Heilung und die Beratung in Lebensfragen.

Eine erste Wiederbelebung ist schon in der Romantik des 19. Jahrhunderts zu finden. Damals war es en Vogue sich mit naturreligiösen Themen zu beschäftigen. Zu den prominenten Vertretern aus dieser Epoche, zählen u.a. der Schriftsteller Novalis, die Philosophen Johann Gottlieb Fichte und August Wilhelm Schlegel, sowie der Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Aber auch mit dem Sammeln von Märchen, z.B. durch die Brüder Grimm, und das Niederschreiben und Zusammentragen von Bräuchen und Gewohnheiten sollte damals das alte Volksbrauchtum vor dem Vergessen bewahrt werden.

Der Begriff Hexe war als Bezeichnung für Männer und Frauen schon immer identisch. Wir finden in der Hexe auch den Schamanen wieder, den Medizinmann, die weise Frau, die Kräuterkundige, die Handauflegerin, den Heiler. Es ist dem aufgeklärten Abendland zu verdanken, dass diese Berufe kaum mehr zu finden sind.

Aus dem Alchemisten wurde der Chemiker, aus dem Bader der Arzt. Mit der Kommerzialisierung der Heilkunde, der Seelsorge und der Lebensberatung, wurden die weisen Frauen und Männer aus ihren Ämtern gedrängt. Doch welcher moderne Berufsstand, der die Arbeit der früheren Hexen heute übernimmt, er bedient sich der Regeln und der Vorbilder in der Natur (Pharmazie, Medizin, Religionen etc.). Hexen von heute zeigen uns, dass altes Wissen neben moderner Wissenschaft durchaus existieren kann.

Es ist dennoch so, dass das Interesse am Hexentum in den achtziger Jahren, dem Beginn des Esoterikbooms, einen ungeahnten Anschub bekam, vor allem ausgelöst durch Ablehnung einer als spießig und altbacken angesehenen Gesellschaft. Themen, wie das Waldsterben und die durch die Medien erstmals vor Augen geführte Umweltzerstörung sorgte bei vielen für eine auch ökologisch motivierte Rückbesinnung auf die Natur. Die starke Popularisierung durch die neuen Medien sorgte zudem für eine rasche Kommerzialisierung.

Hexenritual

Mittlerweile hat sich die Selbstbezeichnung Hexe als Synonym für verschiedene Vorstellungen und Praktiken etabliert. Während man früher aus Bosheit jemanden als Hexe bezeichnete, ist der Begriff heute eine positive Selbstbezeichnung von Frauen. Sich als Hexe zu bezeichnen soll signalisieren: Ich bin als Frau stark, selbstbestimmt und selbstbewusst.

Hexe sein ist für diese Frauen keine Freizeitbeschäftigung, sondern eine Lebenseinstellung, eine Demonstration weiblicher Macht. Man verlässt alte, ausgetretene Pfade um einen neuen spirituellen Weg zu gehen. Man glaubt, sich befreien zu müssen, von einer christlich geprägten Bevormundung und sucht sein Heil in einer naturverbundenen Spiritualität.

Viele der angebotenen Praktiken und Angebote finden wir seit Mitte der 80er Jahre herausgelöst aus der Hexentradition in vielen anderen Richtungen des spirituellen Marktes wieder. Modernes Hexentum hat auch nichts mit den Klischees zu tun, welche uns in Filmen wie “Harry Potter” und Fernsehsendungen wie “Sabrina – total verhext”, “Buffy”oder “Charmed” begegnen.

Fast alle Teenager, für welche diese Sendungen produziert werden, durchleben im Laufe der Pubertät irgendwann einmal eine Phase, in welcher sie sich für Okkultes und Magisches begeistern – und sich somit mit den Hauptfiguren dieser Serien identifizieren.

Hexe wahrsagenWer eine Hexe werden möchte, besucht eine Hexenschule. Hier erhält man den praktischen Einstieg in die Naturreligion und die Anwendung bestimmter Heilmethoden. Im Mittelpunkt steht die Arbeit an einem selbst, die Verbindung zu den Elementen des Lebens und das bewusste Wahrnehmen des Jahresrhythmus.

Das Erlernen des Umgangs mit Tarotkarten, Runen und Orakel befähigt zur Beratung. Unterstützung findet die praktizierende Hexe im inneren Dialog mit Naturgeistern. Auch traditionelle Techniken der Schamanen und Druiden müssen gelernt und geübt werden.

Fragt man Hexen nach ihren persönlichen Motiven, wird klar, warum sie sich von der neuen Spiritualität angezogen fühlen. Es geht ihnen um eine Relativierung traditioneller religiöser Wahrheitsansprüche, die Suche nach einem undogmatischen, naturnahen Weg und eine stark individualisierte Spiritualität.

Wer einmal eine Hexe kennenlernt, wird sie als warmherzige, selbstbewusst Frau erfahren.

Drache